Digitalisierung am Carolinum – mit Augenmaß

Im Jahr 2019 scheint es nur noch ein Bildungsthema zu geben, die Digitalisierung. Die Bundesregierung will Geld für die Bildung ausgeben – natürlich für die Digitalisierung an den Schulen, sogar das Grundgesetz ist man bereit, hierfür zu ändern. Gemach. Gemach.

Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die Sprachlabore, die mit Begeisterung seit den 1970er für viel Geld in den Schulen installiert und meist kaum genutzt wurden, schließlich baute man sie stillschweigend wieder aus und ersetzte sie durch Computerräume. Daran kann man zweierlei erkennen: Nicht jede neue Technik hält, was man sich von ihr verspricht – manches jedoch setzt sich allmählich durch. Nun gelten heute Computerräume nicht mehr als aktuell, das Digitale soll in jedes Klassenzimmer gelangen. Doch wie soll das geschehen? Welche Infrastruktur soll vorgehalten werden, damit Lehrerinnen und Lehrer je nach Bedarf sinnvoll das von ihnen gewählte Medium einsetzen können?

Fragen rund um die Digitalisierung beschäftigen uns schon seit längerer Zeit im Medienteam der Schule. Nachdem wir in allen Räumen mit Beamern oder Whiteboards ausgestattet sind, ist offen, wie der nächste Entwicklungsschritt aussehen soll. Hierzu gibt es viele Vorschläge von vielen Seiten, es herrscht natürlich Goldgräberstimmung auf Seiten der Hard- und Software-Hersteller. Leicht kann man viel Geld ausgeben und nach wenigen Jahren feststellen, dass es wohl nicht die optimale Lösung war, man denke an die Sprachlabore…

Daher wollten wir am Carolinum möglichst systematisch vorgehen und sichteten zunächst einmal diverse Lösungen an anderen Schulen. So entstand allmählich ein Anforderungsprofil, es kristallisierte sich heraus, was wir wollen: Eine Infrastruktur, die die nächsten technologischen Entwicklungsschritte mitmachen kann und damit verbunden die Möglichkeit, die neue Technologie nicht über unsere pädagogischen und didaktischen Entscheidungen Herr werden zu lassen – alles geht, nichts muss, könnte man als Devise über unser Konzept schreiben.

Um uns in diesem Sinne möglichst genau über die neuesten Technologien zu informieren, besuchte eine mehrköpfige Lehrerdelegation am 22./23. Februar die DIDACTA in Köln, wo im Wesentlichen in zwei Messehallen alle namhaften Aussteller ihre Produkte präsentierten. Nach einem bestimmten Raster prüften wir im Team die jeweiligen Geräte und informierten uns über die Anwendungsmöglichkeiten. Schnell wurde klar, dass dieser Besuch sich sehr lohnte, denn durch den direkten Vergleich der Angebote schärften wir unseren Blick und im Gespräch dann wieder unseren Anforderungskatalog. Als wir am zweiten Messetag die in die engere Auswahl gekommenen Hersteller nochmals aufsuchten, waren diese sehr überrascht über unsere sehr konkreten Fragen und Nachfragen, ob dieses oder jenes Leistungsmerkmal nicht noch nachgerüstet werden könnte.

In der Woche nach den Faschingsferien bekamen wir schließlich ein Gerät zur Ansicht in die Schule, das wir den Kollegen zeigen konnten und das wir auf Herz und Nieren prüfen konnten. Die technische Seite der künftigen Digitalisierung am Carolinum lässt sich grob so zusammenfassen: Alle Räume ohne Whiteboards werden mit der Zeit mit smart screens ausgestattet werden, die problemlos neben bestehende Tafeln montiert werden können. Mithilfe dieser Geräte kann nicht nur der Lehrer wie am Whiteboard interaktiv arbeiten und ist jederzeit mit dem Internet verbunden, sondern auch die Schüler können sich mit schuleigenen oder gar ihren eigenen Geräten bei Bedarf mit dem WWW verbinden – ihre individuellen Bildschirme können jederzeit auf dem großen Bildschirm für alle gespiegelt, d.h. gezeigt werden. Wichtig aber ist uns: Über die Nutzung und den Zugang zum Internet entscheidet jeweils der Lehrer selbst, er schaltet den Zugang an und aus, nach der Stunde ist das WLAN nicht mehr verfügbar.

Man erkennt, worum es uns geht: Auch wenn es derzeit nur in wenigen Unterrichtssituationen als sinnvoll erscheint, dass die Schüler zu Unterrichtszwecken mit einem Mobilgerät arbeiten, so kann und wird sich das wohl in Zukunft ändern. Die von uns vorgesehene Infrastruktur wird dem Rechnung tragen, wir können jederzeit ‚zuschalten‘ – wir wollen aber von der medialen Ausstattung her nicht dazu gezwungen sein, sondern in unserer pädagogischen Entscheidung frei bleiben.

Frank Fätkenheuer

Fotos: Ellen May

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